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Pressemitteilung

Zum Artikel "Ist der Kapitalismus am Ende"

im Memminger Kurier vom 13.06.2012

Warum beschleicht mich immer ein schales Gefühl, wenn ein elitärer Teil der Gesellschaft zu Spenden aufruft, um eine Not zu lindern, die erst gar nicht entstehen würde, wenn wir den weltweiten Folgen unserer Handlungen und Unterlassungen ein Zukunftsmodell entgegensetzen würden, wie sie z.B. ein Global Marshall Plan in fünf Kernzielen formuliert? "Der Sozialismus hat weltweit versagt", das mag richtig sein. Ergänzend muss aber bemerkt werden, dass der Kapitalismus dabei ist, sich zu Tode zu siegen und daher gerade nicht die "bessere Staatsform" ist, wie der Abtprimas Glauben machen möchte. Und die Feststellung des Referenten, dass überall dort, wo sich die Kräfte frei entfalten können, Wohlstand und Reichtum entsteht, muss äußerst kritisch begleitet werden. Wo bleibt zum Beispiel die Möglichkeit der freien Entfaltung, wenn es unter anderem an einer fairen globalen Partnerschaft fehlt? Die herrschenden Verhältnisse sind ein Skandal. Eine unregulierte Globalisierung sorgt für wachsende Armut, Nord-Süd-Verteilungsfragen, Migration, kulturelle Konflikte, Terror, Kriege und Umweltkatastrophen. Spekulationen auf Nahrungsmittel und Land, Zusammenarbeit mit korrupten Regierungen, Ausbeutung von Ressourcen, um nur wenige Beispiele zu nennen, tun ein Übriges. Glaubwürdig wird jedes Engagement daher erst dann, wenn wir bereit sind, an die Wurzel des Übels zu gehen. Der propagierte Fortschritt ist nichts anderes als Wohlstand, der auf Plünderung basiert. "Das Wesensprinzip des Konsumierens besteht darin, sich die von anderen Menschen an anderen Orten geleistete Arbeit und insbesondere den materiellen Ertrag andernorts verbrauchter Ressourcen und Flächen zunutze zu machen", schreibt Niko Peach, einer der bedeutendsten deutschen Wachstumskritiker, in seinem Buch "Befreiung vom Überfluss". Abtprimas Prof. Dr. Wolf bemerkt wohl kritisch, dass die Verteilung des erwirtschafteten Profits zwischen Kapital und Arbeiterschaft immer wieder zu Auseinandersetzungen und Ungerechtigkeiten führt. Darum würden sich aber Gewerkschaften und Tarifpartner kümmern. Ja, in unserem Land. Und wer kümmert sich bei der weltweit arbeitsteiligen Produktion um die Arbeiterschaft in fernen Ländern? Selbst wenn man hier nivellieren könnte, meint Peach "Lässt sich Plünderung etwa dadurch legitimieren, dass die Beute hinreichend gerecht verteilt wird"? Der stete Ruf nach "mehr", den wir gerade jetzt in der Euro-Krise in der Dauerschleife von Schwarz/Gelb bis Rot/Grün hören, ist tödlich, weil er Rohstoffe noch schneller schwinden lässt und das Tempo der Umweltzerstörung weiter beschleunigt. Der Nachhaltigkeitsforscher Peach fordert ein Ende der Maßlosigkeit und entlarvt das ?grüne Wachstum? als Mythos. Er vertritt den Gegenentwurf einer Postwachstumsökonomie und formuliert einen herausfordernden Satz: "Souverän ist nicht, wer viel hat, sondern wenig braucht." Das wäre ein Satz, den ich mir von einem Kirchenmann erwarten würde, denn "wenn wir den Rückbau überzogener Ansprüche nicht selbst vornehmen, werden schicksalhafte Umstände den Job übernehmen" aber nicht mit Samthandschuhen." (Niko Peach). In den heiligen Räumen einer Benediktinerabtei hätte sich dieser Satz sicher gut gemacht, zumal zwei der sieben christlichen Kardinaltugenden hier gut passen: Gerechtigkeit und Mäßigkeit.

Verfasst von: Gabriela Schimmer-Göresz, Kreisvorsitzende ödp Memmingen

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